Informationen zum Biegehalbmesser
Die Biegehalbmesser für das Kaltbiegen von Flacherzeugnissen aus Stahl sind festgelegt in der DIN 6935, den Beiblättern 1 & 2 und der EN 10025-2. Obwohl bei austenitischen, korrosionsbeständigem Stahl ein kleiner Biegehalbmesser zulässig ist, wird dieser in der Regel aus werkzeug- und fertigungsbedingten Gründen von uns nicht geändert.
Der Biegehalbmesser ist abhängig:
- vom Werkstoff (Duktilität, Festigkeit, Gefügeart, Korngröße),
- der Materialdicke (Verhältnis Dicke zu Radius),
- der Lage der Biegung zur Walzrichtung,
- der Art des Biegens (vgl. Biegewerkzeug, z.B. Gesenkbiegen, Freibiegen, Schwenkbiegen),
- der Oberflächenrauigkeit (Material u. Werkzeug),
- dem Vorhandensein von Schmierstoff u. o. Beschichtungen,
- dem Biegeradius und der Größe des Biegewinkels (flach = geringer Einfluss, steil = Korrektur notwendig).
Auch wenn die oben genannten Parameter theoretisch genau bekannt sind und in die Berechnung der Abwicklung einfließen, kommt es in der Fertigung dennoch zu Abweichungen. Dies ist z. B. bedingt durch die abweichende Maßhaltigkeit der Materialdicke (Dicken-Toleranz), die schwankende Festigkeit, die Fertigungsgenauigkeit der Maschine (Spiel, Offsetfehler beim Anschlag und Werkzeugverfahrweg) usw.
Beim Biegen wird die Innenseite der Biegezone gestaucht und die Außenseite gestreckt. Das Material ist weitgehend inkompressibel (nicht zusammendrückbar = konstantes Volumen), muss also von der gestauchten Seite auf die gestreckte Seite umgelagert werden. Theoretisch heben sich Stauchung und Streckung auf. Praktisch wird das Material aber mehr gestreckt, was wegen der Volumenkonstanz zum Einschnüren führt.
Das am Innenradius anliegende Werkzeug, an dem sich das Blech anschmiegt, stützt diesen Bereich des Werkstoffs. Eine durchgängige Stauchung und Gleitvorgänge werden dadurch vermindert, d. h. die Materialumlagerung von der Druckzone in die Zugzone des Blechs wird teilweise verhindert. Der Außenbereich (Material am Außenradius) wird stärker belastet und wird stärker gedehnt. Das Blech wird also gestreckt und schnürt in der Biegezone etwas ein, wird also dünner. Die Dicke wird in der Biegezone ca. 10 bis 20 % geringer, je nach Biegeradius und Material. Bei einem sehr kleinen Radius (annähernd scharfkantiges Werkzeug) geht die Materialdicke evtl. noch stärker zurück.
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